Blog #23
FluXmeister Unplugged
Wie kam es dazu?
An sich hatte ich mich, was meine Projekte betrifft, neu aufgestellt und ein paar große Entscheidungen getroffen. FluXmeister stand für 2020 nicht oben auf der Liste. Wir hatten Anfang des Jahres unser LIVE-Album veröffentlicht und wollten bisschen Promo machen und schauen, dass wir ein paar schöne Gigs gespielt kriegen. Gelegentlich proben und sich mal wieder dem spontanen Flow der Ideen hingeben. Guter Plan!
Kam aber anders!!!
Einiges kam anders. Ende letzten Jahres erhielt ich das Angebot bei Purple Rising einzusteigen. Als großer Blackmore-Fan und Liebhaber der Musik von Deep Purple, ergriff ich mit Freude die Gelegenheit und sah mich nun in ein weiteres professionelles Projekt involviert, dem es gerecht zu werden galt.
Jede Entscheidung hat ihren Preis! So war schnell klar, dass durch meinen Einstieg bei Purple Rising, andere Verpflichtungen nicht ohne Abstriche zu erfüllen gewesen wären. Ich bin Band-Musiker. Und das nahezu total. Mit autistischen Zügen bisweilen. Für den Job des Dienstleisters, hätte ich mich nicht entschieden. Ich habe hierfür großen Respekt, ist aber nicht meins. So wie ich auch nicht gerne am Lagerfeuer sitze oder an einem Jam mitwirke. Projektbezogene Arbeit mit einem Team, das ich schätze. On the spot und all in!!! Das ist mein Weg.
An sich treue Seele, galt es jetzt zu entscheiden, wie ich erstens weiter so wirken kann, dass es klare Fronten gibt, und ich zweitens nicht unter totalen Stress gerate. Mein Selbstanspruch ist so hoch, dass ich schon mit einem Projekt gänzlich ausgelastet sein könnte, da ich einen immer noch tieferen Grad an Durchdringung erschließe.
Nur die Tatsachen, dass ich doch gerne zu neuen Ufern aufbreche und es äußerst schwierig ist sein Geld als Band-Musiker zu verdienen, wenn man monothematisch aufgestellt ist, bringen Wandel. Auch wollte ich mehr Ruhe in meinem Leben. Ich habe daher entschieden aus allen Projekten bis auf Krüger Rockt!, Purple Rising und FluXmeister auszusteigen. Inklusive der Hound Dogs, die ich selbst verantwortet habe.
So war der Plan mit Krüger Rockt! und Purple Rising durch die Lande zu reisen, mit FluXmeister weiter der Idee zu folgen, dass U-Musik durchaus einem künstlerischen Anspruch folgen kann, und ich durch Bandcoaching-Projekte mein erworbenes Wissen und meine Erfahrung weiter gebe.
So schaute ich für 2020 auf einen gefüllten Terminkalender. Weiter die geile Sause mit de Rock’n’Rollers, mit herrlicher Vollgas-Mucke durch Deutschlands geilste Klubs, Selbstverwirklichung durch die eigene Musik und der Arbeit an der Homebase mit der jungen Generation. Fett! Gefiel mir!
Ich war zufrieden mit dem Lebenswandel, den ich mir gebaut habe. Mit einer tollen Frau an meiner Seite und einem tollen Sohn, der jetzt mehr und mehr seine eigenen Wege geht. Klar, traurig über tolle Projekte und tolle Menschen, die es nun nicht mehr gab oder ohne mich ihren Weg weiter gehen würden. Aber alles gut!
Und dann? PANDEMIE!
Ich hatte mir in kurzer Zeit das Purple Rising Repertoire in die Finger und in die Birne getrieben und war am Kniedeln wie der Weltmeister. Ein tägliches Übepensum von 6-8 Stunden. Zum Ausgleich Sport und Lesen. Meine Birne lief auf 180. Erste Konzerte mit Purple Rising waren nicht gänzlich reibungslos aber erfolgreich und vielversprechend absolviert.
Es kam der 13. März.
Ein Konzert mit Krüger Rockt! Ich kann mich noch genau an die Atmosphäre erinnern. Krüger Rockt! wollte in der darauf folgenden Woche in den Aldiana Club im Salzkammergut. Wir wollten bisschen Buddy-Urlaub machen, in Verbindung mit der Arbeit an neuem Repertoire. Und das an einem coolen Ort, wo man die Birne an der Rezeption abgeben kann. Viele Kollegen wissen wovon ich schreibe.
Ich war jedenfalls schon äußerst alarmiert. Nicht in Angst – bis heute bin ich nicht in Angst – aber alarmiert. Der Gig hat sich äußerst strange angefühlt. Das Gesundheitsamt hatte empfohlen den Event nicht durchzuführen. Und mir war auch nicht wohl dabei. Die Kollegen verabschiedeten sich mit dem Gruß: “Bis nächste Woche!” Ich kam nach Hause und erzählte Nina, dass ich der Ansicht bin, dass in Kürze wohl nix mehr gehen wird…
Telefonate, Mails, egal welche Kommunikation in den ersten Tagen nach dem 13. März, ließen mich wahrnehmen, dass es doch einen hohen Grad an Verdrängung anstehender Veränderungen gab. Die Öffentlichkeit war noch nicht mal annähernd im Bilde, was Ischgl betraf. Wir wussten von Webasto und Fällen im Karneval. Ich war mir sicher, dass wir Österreich haken können.
Jetzt überschlugen sich die Ereignisse. Es gab jeden Tag eine neue Hiobsbotschaft. Später wurde klar, dass Ischgl schon deutlich früher zum Spreading-Event wurde als angenommen. Aber Mitte März war erst mal nur klar, dass da was passiert ist, was für die ganze Region, Ober-Italien, Süd-Bayern, ja für eine Verbreitung durch Urlaubsrückkehrer in sämtliche Länder, fatale Folgen haben könnte. Österreich schickte ihre Urlauber nach Hause, Grenzen wurden dicht gemacht, Lock-Downs, Shut-Downs, etc. Ist ja alles bekannt…
Jedenfalls war damit Austria vom Tisch und es hagelte Absagen. Hier wäre eine Geschichte für sich zu erzählen, was die Pandemie an konkreten Folgen für mich hatte und wie ich einschätze, was das für unseren Kulturbetrieb bedeutet. Ist aber nicht mein Plan! FluXmeister Unplugged ist die Geschichte ;-)!
Das war zu dem Zeitpunkt noch weit weg. FluXmeister spielte nur in sofern eine Rolle, als dass klar war, dass wir uns eine ganze Weile nicht sehen werden, und ich zur Kenntnis nahm, dass die Veröffentlichung unseres LIVE-Albums in den Wirren der Pandemie verpuffte…
Wohin jetzt mit meiner ganzen Energie? Mit dem Gefühl des Aufbruchs? Mit der Unsicherheit ob getroffener Entscheidungen und der fehlenden Perspektive Sicherheit zu gewinnen? Heftig! Ich war zu dem Zeitpunkt ein verunsichertes Energiepaket!
Ich schnappte mir die akustische Gitarre. Und ich checkte welche Möglichkeiten ich habe Unterstützung zu finden. Beides automatisch. Es gab kein gezieltes Überlegen oder gar eine Strategie. Aufstehen, Birne frei durch bisschen Sport, Informieren in Sachen Pandemie, akustische Gitarre. Gespielt habe ich Songs. Songs, die mir Kraft gaben.
Parallel gab es eine Entwicklung, die schon vor Corona ihren Anfang nahm. Hanna – unsere Video- und neue Medien-Künstlerin, wollte mit uns eine Idee umsetzen, bei der wir jeder getrennt unseren Part eines neuen FluXmeister-Songs aufnehmen sollten. Das würde von ihr zu einer Video-Collage zusammen gestellt. Dazu kam es aus bekannten Gründen nicht.
Aber so wollte ich das jetzt mit den Songs machen, die mich in dieser schwierigen Zeit beschäftigten. Außerdem liegt mir meine Frau schon seit Jahren in den Ohren, dass ich mich mehr den neuen Medien zuwenden solle, da sich der Markt dahin verschiebt. Wieder eine eigene Geschichte wert. Musik als Fast-Food-Produkt, etc. Ja, ich weiß, dass die Entscheidung gegen dieses Medium eine weitere Entscheidung gegen die Selbstvermarktung ist. Und ich verschließe mich ja auch nicht gänzlich. Schließlich sitze ich ja jetzt hier und schreibe einen Blogbeitrag. Wobei die Tatsache, wie viele Wörter ich hier mache – in der Hoffnung, dass sie an diesem Platz eventuell sogar gelesen werden -, die ganze Crux aufzeigt: Joachim und die neuen Medien…
Aber gut. Konkret für die ausschließliche und kostenfreie Veröffentlichung in den Netzwerken war ich bis jetzt jedenfalls nicht zu haben. Wenn ich nun aber weiter Publikum erreichen will? Und weiter geben will, was mich bewegt, was mich umtreibt, was ich teilen möchte? Ich schloss mich mit Hanna kurz und schnell war der Plan gefasst einen YouTube-Kanal zu erstellen und dort Video-Collagen der Songs zu posten, die mir wichtig waren, und die ich teilen wollte.
Jetzt begann eine ungemein kreative und produktive Phase. Hanna und ich hatten und haben jetzt fast täglich miteinander zu tun. Digital. Ich wurde immer kreativer mit dem aufnehmen verschiedener Stimmen am Instrument, nahm mich an verschiedenen Instrumenten auf, sang mehrstimmige Takes und entwickelte mit Hanna Ideen zur visuellen Umsetzung.
Das lief meinerseits auf einem sehr rudimentären technischen Niveau. Zunächst mit meinem Handy, später mit dem MacBook meiner Frau. Ich drückte auf Aufnahme und es galt den entsprechenden Take von vorne bis hinten sauber durchzuspielen. Den gelungenen Take schickte ich mir nun auf ein Abspielmedium, schickte ihn mir via Kopfhörer aufs Ohr und spielte vor dem MacBook die nächste Stimme dazu ein.
Das brachte ich schließlich an den Punkt, dass ich einen Gospelsong mit Strumming-Gitarre, Slide-Gitarre und fünfstimmigem Gesang aufnahm und Hanna daraus ein sehr unterhaltsames Video baute. Überhaupt sind hier sehr unterhaltsame Videos entstanden.
Es kam sogar dazu, dass ich mit Gastbeiträgen arbeitete. Meine Rhythmusgitarre schickte ich zu Kollegen, die daraufhin ihren Take dazu lieferten und so entstanden weitere Videos. Die genaue Anzahl weiß ich nicht mehr. Es wurden 10-11 Stück, meine ich.
Im Zuge dieses Schaffens blieb ich am Ball was Fördermaßnahmen für Soloselbständige und Künstler betraf. Das Land Hessen legte das Förderprogramm ‘Hessen kulturell neu eröffnen’ auf und schrieb Stipendien aus, die zunächst den Betrag von 2000,- Euro umfassten und zum Ziel hatten Künstler:innen Projekte verwirklichen zu lassen, die Perspektiven aufzeigen sollen, wie ein künstlerisches Wirken in Zeiten möglich sein kann, in denen ein Auftreten und Konzertieren im öffentlichen Raum nicht möglich ist.
Jetzt kam FluXmeister wieder ins Spiel! Denn, klar passte das zu der Arbeit, die ich mit Hanna schon die ganze Zeit am Machen war. Bedingt durch das Stipendium, wollte ich diese Arbeit jetzt weiter professionalisieren. Denn ein Manko hatten die Videos: die zwar brauchbare, aber unter professionellen Gesichtspunkten, nur ausreichende Audioqualität. Außerdem wollte ich jetzt mit eigenen Songs arbeiten.
Mein Projekt für das Stipendium bedingte also eine Modifikation der bisherigen Arbeit mit den Video-Collagen:
1. Eigene Songs
2. Professionelle Audioqualität
So…, das bedeutet dann schon mal einen deutlichen Mehraufwand. Denn die Songs wollen komponiert, die Texte geschrieben und das ganze sollte arrangiert werden. Außerdem bedeutet eine professionelle Audioqualität, dass es unter Studiobedingungen zu arbeiten gilt. Schwierig in Pandemiezeiten. Also: Selbst ein Homerecording-Studio einrichten, Equipment und Recording-Software kaufen, sich in selbige einarbeiten und praktische Erfahrungen sammeln. Und das möglichst in einem Tempo, dass zeitnah brauchbare Ergebnisse ermöglicht.
So what! Ich nahm die Herausforderung an. Was meinen Job betraf, hatte ich ohnehin nur eines zu tun: Die ständigen Absagen eintragen… Ich fand in Seb einen guten Lehrer und meine Tage hatten Struktur.
Zeit ging ins Land und es war wieder vorsichtig möglich sich zu begegnen. So bat ich die FluXmeister-Kollegen um ein Treffen und habe ihnen meine Idee vorgestellt. Da ich zunächst plante alles musikalische in Personalunion umzusetzen, fragte ich erst mal nur an, ob ich die Freigabe habe mit Ideen, die wir gemeinsam gesammelt haben, weiter alleine zu arbeiten, Songs zu arrangieren und damit in einem akustischen Setting Videos zu produzieren.
Das Gespräch lief so erfreulich und zustimmend, dass die Kollegen nicht nur ihre Freigabe erteilt haben, sondern mir ihre volle Unterstützung und Mitwirkung zusagten.
Das Land Hessen legte nun zusätzlich zu dem Arbeitsstipendium sogenannte Projektstipendien auf. Und diese waren auch für Künstlergruppen zu beantragen. Als diese Chance bestand, ergriffen wir nun endgültig die Gelegenheit FluXmeister Unplugged als Bandprojekt umzusetzen.
Und was soll ich sagen. Wir haben in dieser Zeit ein Projekt verwirklicht, dass es an sich nie gegeben hätte. Und das Ergebnis ist hervorragend. Leute, die schon Material gehört haben äußern sich enthusiastisch. Es gab Kommentare wie: “Jetzt verstehe ich eure Musik!” oder “Das trifft voll in mein Herz!” Alex hat davon gesprochen, dass dies das herausragendste Projekt sei, an dem er im Laufe seines musikalischen Wirkens mitgearbeitet habe.
Und mir bleibt ebenfalls nur zu sagen, dass ich damit nicht gerechnet hätte. Ich habe viel gelernt und wieder ungemein von dem FluXmeister-Umfeld profitiert. Und auch einen neuen FluXmeister haben wir dazugewonnen. Maximilian C. Priess, der die Arbeit begleitet und dokumentiert hat.
Die Bandkollegen, auch Hanna, Seb und Max haben unglaubliches geleistet. Und die Musik die dabei herauskam ist fantastisch.
Danke!!!
Joachim