FluXmeister #27

Blog #27

FREIHEIT

Warum sind wir als Einzelne und als Gesellschaft oft so wenig in der Lage, uns in Anbetracht von Vielfalt und dem Ermöglichen von Räumen, sicher und wohl zu fühlen?

Warum sehnen wir uns nach einer Verengung von Räumen und Einfalt?

Was ist immanenter und bestimmender Teil unseres Wesens? Eher Kooperation oder eher Selbstbehauptung?

In diesen Fragen liegt für mich begründet, in welche Krisen wir als Gesellschaft geraten können, obwohl es uns vergleichsweise gut geht. Entscheidend sind hier wohl nicht Statistik, Messbarkeit, Fakten und Information. Sondern Gefühl und Intuition.

Was machen wir mit unserer Intuition, die uns das Gefühl gibt, dass etwas nicht stimmt? Das etwas nicht richtig ist? Das wir am Nasenring durch die Manege geführt werden? Das wir nicht Mensch der Lage sind?

Sie negieren ist keine Option. Aber ihr auf den Grund zu gehen schon!

Kann ein Leben gelingen und erfüllend sein, wenn wir die Verantwortung für den Umgang mit basalen und existenziellen Grundlagen unseres Zusammenlebens abgeben? Wärme, Essen, Wohnen, Kultur,… sprich Energieversorgung, Land- und Viehwirtschaft, Wohnungsbau, Kunst- und Kulturbetrieb,…

Ich beantworte die Frage mal mit einem polarisierenden: NEIN!

Es braucht das Gefühl der Selbstermächtigung. Das Gefühl gestalten zu können und nicht abhängig zu sein. Erst dann signalisiert mir meine Intuition, dass mein Leben – vielleicht schwierig und herausfordernd -, aber richtig ist!

Wenn unsere Intuition uns vermittelt, dass etwas nicht stimmt, lohnt es aus meiner Sicht in erster Linie danach zu schauen, was es konkret braucht, um glücklich zu sein. Das wir uns hier fortwährend selbst beschränken und aus Angst verharren – ich schreibe hier selbstredend auch von mir -, scheint uns wohl zu erbärmlich, um als Einsicht auszureichen.

Im Außen muss es etwas geben, was geändert gehört. Welche Erwartung erwächst daraus? Offenbar häufig nicht die, für das eigene Leben die Gestaltungsmacht zu nehmen, sondern die, dass es eine harte Hand braucht, die alles störende beiseite räumt und sich für meine individuellen Rechte einsetzt. Und für die Gruppe, der ich mich zugehörig fühle.

Hier möchte ich Georg Simmel zitieren, der sehr spannend zum Thema Individuum und Kollektiv referiert und geschrieben hat:

“[…] nur wenn man Wechselwirkungen erforscht, begreift man, warum Individualisierung und Vergesellschaftung sich nicht ausschließen, sondern bedingen. Individualität muss durch Rechte geschützt werden. Wenn nun meine Rechte deshalb gelten, weil ich ein Individuum bin (und nicht etwa Angehöriger einer bestimmten bevorzugten Schicht), dann gelten diese Rechte zwangsläufig für alle. Das aber ist von enormer Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben. Individualität und Gleichbehandlung vor dem Gesetz gehen Hand in Hand. Und das bedeutet: kein Individualismus ohne Kollektivismus!” 

Von daher steht auch der größte Individualist nicht außerhalb der Gesellschaft. Freiheit für das Individuum ist nur durch Sicherung der Menschenrechte und durch Gleichheit vor dem Gesetz möglich. Mich den Dingen, die ich für lebens- und liebenswert ohne Vorgaben und Einschränkungen widmen zu können, wird nur möglich, wenn – ohne Ausnahme! – jedem Menschen die gleichen Rechte zugestanden werden. Was aus meiner Sicht sogar schon zu ermöglichend klingt. Denn wer sollte das ermöglichen? Wer sollte die Macht haben das als vermeintliche Spielart zu gewähren? Humanismus als Experiment?

Nein! Nach meiner Überzeugung liegt diese Freiheit in uns. Sie ist nicht in Frage zu stellen. Wir sind alle gleich.

Warum ist dann dieses Ideal so wenig zu leben? Und warum haben wir uns eine Welt geschaffen, in der wir durch soziokulturelle Prägung auch ganz konkret erfahren, dass wir mit Toleranz und Ermöglichung an unsere Grenzen kommen? Ja überhaupt Grenzen geschaffen haben? Damit mögen sich schlauere Menschen beschäftigen…

Nur sagt mir meine Intuition dass der Weg, Menschen, die mir fremd sind, die mir Angst machen, ja, die ich als bedrohlich wahrnehme, auszugrenzen und für mein Unglück verantwortlich zu machen, nicht die Lösung meiner Probleme sein kann. Aus Angst anderen Angst machen. Wo soll das hinführen?

Welches Grauen und welches Klima der Angst Gesellschaften erzeugen, in denen Individualität einer kollektiven Ideologie weichen muss, haben gerade wir sehr deutlich erfahren.

Und was mich hier besonders erschüttert, ist, dass Gruppen, die Verhalten, Haltungen, Lebenswege, ja ganze Menschen aburteilen und negieren, genau mit der Rhetorik arbeiten, die Freiheit als Unfreiheit diffamiert. So ist von Sprechverboten die Rede, zwanghaftem Veganismus, von Leuten, die uns Öl- und Gasheizungen aus den Kellern reißen. Von Menschen, die uns zum Impfen zwingen, was auch immer…

Und so werden sämtlich Aspekte eines zunehmend liberaleren und freiheitlicheren Zusammenlebens, wie  Inklusion und Menschen mit unterschiedlichsten Anschauungen und Orientierungen, als etwas dargestellt, was uns Freiheit nimmt, statt Freiheit zu ermöglichen. Elitäre Phantasien beflügelt…

Was ist denn freiheitlicher, als zu sich selbst zu stehen und sich ohne Gefahr für Leib und Leben – ohne Denkverbot und Ausgrenzung – zeigen zu können?

Ja, es gibt viele Angebote. Und es gibt viele Spielarten des Seins. Das kann mich bisweilen auch irritieren oder auch abschrecken. Aber in unserer Gesellschaft haben wir die Freiheit diese Angebote in einem demokratischen Sinne zurück zu weisen und können tun und lassen, was wir wollen, so lange wir nicht Leib und Leben anderer, sowie demokratisch legitimierte Gesetzmäßigkeiten verletzen.

Und ja! Da liegen Fallstricke drin. Da liegen Lobby-Interessen drin. Da liegt Unfreiheit drin! Und hier gilt es achtsam zu sein. Aber lassen wir uns nicht Sand von denen in die Augen streuen und in Stellung gegen Freiheits- und Menschenrechte bringen, die nicht für unsere, sondern für ihre eigenen Interessen handeln.

Nicht die öffentlich rechtliche Medienlandschaft oder die progressiven Kräfte dieses Landes stiften Unfreiheit. Sondern die, die diese Stimmen zum Schweigen bringen wollen. Und ich will damit nicht sagen, dass diese Kräfte bedingungslos schalten und walten sollen. Die gehören genauso scharf beobachtet wie alle anderen auch. Aber diese Kräfte wollen vom Grundsatz ermöglichen und nicht vom Grundsatz negieren.

Wir sind alle von der abstrakten Vermittlung von Szenarien und Zusammenhängen abhängig. Vieles, was unser Weltbild schärft ergibt sich nicht aus dem Konkreten. Konkret stehen uns nur unsere Sinne und unser  Erfahrungshorizont zur Verfügung. Sonst nichts! Alles andere bildet sich aus den Dingen, die wir lesen, die wir uns erzählen lassen, die wir unabhängig unseres Erfahrungshorizonts als intellektuellen Prozess verinnerlichen.

So sind wir alle samt uns sonders einer Propaganda ausgesetzt. Der Propaganda der Quellen, derer wir uns bedienen. Das ich hier ein Freund der Wissenschaft bin, mag niemanden verwundern. Denn auch wenn letztlich auch die Wissenschaft ein Glaubensmodell und Lobby-Interessen ausgesetzt ist, so bestimmt sie ihre Wahrheiten durch ein sich ständig selbst überprüfendes Kollektiv und nicht durch eine/n, der uns sagt was richtig und was falsch ist.

Trotzdem! Wenn unsere Intuition sich meldet und Gefahr signalisiert, dann bin ich sehr der Meinung, dass es Sinn macht sich dem Konkreten zuzuwenden, als im Abstrakten Wahrheiten oder Schuldige zu suchen.

Einen wundervollen Spätsommer wünsche ich euch!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert